Zittauer Societätsbrauerei wurde vor 180 Jahren gegründet

Zittau hat eine lange Brautradition. Die erste Großbrauerei gab es hier ab Mitte des 19. Jahrhunderts.
Zittau hat eine lange Brautradition. Die erste Großbrauerei gab es ab Mitte des 19. Jahrhunderts. Wie sie sich entwickelte und was daraus wurde - ein Rückblick.
Zittau Die Stadt Zittau hat eine über 700-jährige Brautradition. Die Anzahl der mehr oder minder großen Bierhöfe zur
Lutherzeit betrug stattliche 195. Aber erst die Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts bescherte der Stadt endlich eine
Großbrauerei. Das geschah auf eine Art und Weise, wie sie woanders selten oder nicht beschritten wurde. Überall in den
deutschen Kleinstaaten stillte der männliche Teil der Bevölkerung seinen Durst in zunehmendem Maß mit leichtem Bier.
So konnte auch in Zittau der wachsende Bedarf kaum noch gedeckt werden. Entweder die Stadt genehmigte den Ausschank
„fremden“ Bieres, oder man fand einen Ausweg. Um den zu finden, luden die Stadtoberen vor 180 Jahren ansässige
Bierbrauer und betuchte Zittauer Bürger im Mai 1845 zu einer Versammlung ein. Über drei Viertel der Erschienenen votierten
für die Gründung einer Brauerei-Societät, etwas bis dahin noch nie dagewesenes in der Stadt. Unter den Societätsmitgliedern
wurde Geld gesammelt. Dann erfolgte der Erwerb eines geeigneten Grundstücks an der Bahnhofstraße, und der Bau einer
Mälzerei und Brauerei begann. Bereits zwei Jahre später erfolgte der erste Anstich, und „neues Zittauer“ konnte ausgeschenkt
werden. 20 Jahre später braute man schon über 30.000 Hektoliter davon.
Im Jahr 1890 wurde aus der Societät eine Aktiengesellschaft, deren Stammkapital für Sud-, Kessel- und ein Geschäftshaus
verwendet wurde. Nach Installation einer elektrischen Anlage und einer Kühlmaschine begann man, das begehrte Pils jetzt
unter dem Namen „das edle Zittauer“ herzustellen, was ab 1904 auch in Flaschen abgefüllt wurde.
Der Erste Weltkrieg führte zu einem Rückgang der Produktion. Fast parallel mit dem Nachbarn, den Phänomen-Werken,
brannte es 1922 auch in der Brauerei. Nach Beseitigung der Brandschäden und Neubauten in beiden Unternehmen florierte
das Geschäft mit dem Gerstensaft wieder kräftig. Die Aktiengesellschaft investierte in die Logistik und erwarb Phänomen-LKW
vom Typ „Granit“ sowie einen Eisenbahnwaggon. Die Weltwirtschaftskrise, verbunden mit der Arbeitslosigkeit, bremste aber
das Geschäft erneut. Im Jahr 1939 wurde die AG aufgelöst und „Schnitter & Co KG“ daraus. Es begann der Zweite Weltkrieg,
und sowohl Rohstoffe als auch Brauer fehlten.
Spitzname „Kellertrüb” - Bier war oft kaum drei Tage trinkbar
Nach Gründung der DDR folgte wieder ein Aufschwung. Materielle Kriegsschäden gab es kaum, aber neue Arbeitskräfte durch
in und um Zittau sesshaft gewordene Vertriebene. Den höchsten Bierausstoß verzeichnete man mit 82.000 Hektolitern im Jahr
1969. Dieses Niveau konnte nicht gehalten werden, obwohl die Brauerei dem VEB Landskron Görlitz angegliedert wurde.
Hopfen ersetzte man durch Tiergalle und Gerste durch Reis. Haltbarkeit und Geschmack waren im Keller, und aus dem „edlen
Zittauer“ machte der Volksmund „Kellertrüb“, „Zittauer Edeltrübchen“ oder ganz arg „Zittauer Schwedentrunk“, wenn’s nicht
mal drei Tage trinkbar war.
Führungen durch die Bierkeller
Nach der politischen Wende griffen ostdeutsche Bierfans daheim und auch in den hiesigen Gaststätten kaum noch zu einem
Zittauer, und so kam das endgültige Aus.
Vandalismus hielt wie auch nebenan bei Robur Einzug in die verlassenen Gebäude und richtete große Schäden an.
Wenn heutzutage durch die ABS Robur GmbH und die Zeitsprung GmbH liebevoll ein kleines Museum eingerichtet und
Führungen durch die mehrstöckigen Bierkeller angeboten werden, finden sich viele Interessenten ein.
® Von Arndt Bretschneider, Sächsische Zeitung, Mittwoch, 11. Juni 2025